kvt Kassenärztliche
Vereinigung Thüringen

20.07.2021 - Inkrafttreten des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG)

Mit Inkrafttreten zum 20.07.2021 ist § 95e SGB V neu in das SGB V aufgenommen worden. Hiernach werden die Zulassungsausschüsse als zuständige Stellen nach § 117 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) benannt und zugleich verpflichtet, bei Wegfall des Versicherungsschutzes unverzüglich die notwendigen Maßnahmen, wie beispielsweise das Ruhen oder den Entzug der Zulassung zu veranlassen. Ziel ist es zu verhindern, dass aufgrund von Behandlungsfehlern entstandene Schadensersatzansprüche der Versicherten gegen Vertragsärzte oder Vertragspsychotherapeuten aufgrund fehlenden Haftpflichtversicherungsschutzes und Zahlungsunfähigkeit ins Leere laufen könnten.

Das Bestehen eines ausreichenden Berufshaftpflichtversicherungsschutzes ist nun eine vertragsärztliche Pflicht.

Die Pflicht zur Vorlage einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung trifft jeden Vertragsarzt, Vertragspsychotherapeut, jedes MVZ, jede BAG bzw. Vertragsärzte mit angestellten Ärzten als auch ermächtigte Ärzte, sofern für die Letztgenannten kein anderweitiger Versicherungsschutz besteht.

Mindestversicherungssumme:

• 3 Mio. Euro für Personen- und Sachschäden für jeden Versicherungsfall bei zugelassenen Vertragsärzten und Vertragspsychotherapeuten ohne angestellte Ärzte/Psychotherapeuten sowie bei Ermächtigten,

• 5 Mio. Euro für Personen- und Sachschäden für jeden Versicherungsfall bei MVZ, anstellenden Vertragsärzten sowie anstellenden Berufsausübungsgemeinschaften

Die Berufshaftpflichtversicherung soll hierbei die aus der gesamten Praxis ausgehende ärztliche Tätigkeit absichern. Angestellte Ärzte trifft damit keine eigene Pflicht zum Haftpflichtversicherungsnachweis.

Gemäß § 95e Abs. 3 SGB V gilt ab 20.07.2021, dass dem Zulassungsausschuss gegenüber

1. bei Stellung des Antrages auf Zulassung, auf Ermächtigung und auf Genehmigung einer Anstellung,

2. auf Verlangen des Zulassungsausschusses

das Bestehen eines ausreichenden Berufshaftpflichtversicherungsschutzes durch Vorlage einer Versicherungsbescheinigung nach § 113 Abs. 2 VVG nachgewiesen werden muss.

Die Leistungserbringer sind gleichermaßen verpflichtet, dem Zulassungsausschuss unverzüglich seit 20.07.2021 anzuzeigen

1. das Nichtbestehen des Versicherungsverhältnisses,

2. die Beendigung des Versicherungsverhältnisses,

3. Änderungen des Versicherungsverhältnisses, sofern diese den vorgeschriebenen Versicherungsschutz im Verhältnis zu Dritten beeinträchtigen können.

Bei Kenntniserlangung, dass kein oder kein ausreichender Berufshaftpflichtversicherungsschutz besteht oder dass dieser endet, hat der Zulassungsausschuss unverzüglich den Leistungserbringer zur Vorlage einer Versicherungsbescheinigung aufzufordern. Wird dem nicht unverzüglich nachgekommen, hat der Zulassungsausschuss das Ruhen der Zulassung spätestens bis zum Ablauf der Nachhaftungsfrist des §117 Abs. 2 VVG mit sofortiger Wirkung zu beschließen. Dies gilt ebenso für den Fall, dass bei bevorstehender Beendigung des Berufshaftpflichtversicherungsschutzes, sofern der Leistungser­bringer der Aufforderung zur Vorlage einer Versicherungsbescheinigung nicht spätestens bis zum Ende des auslaufenden Versicherungsverhältnisses nachkommt. In jedem Fall ist im Voraus darauf hinzuweisen, dass die Folge der Nichtvorlage das Ruhen der Zulassung ist. Mittels Bescheid des Zulassungsausschusses wird das Ende des Ruhens der Zulassung festgestellt, wenn ausreichender Versicherungsschutz nachgewiesen wurde. Als ultima ratio hat der Zulassungsausschuss die Entziehung der Zulassung zu beschließen, sofern das Ende des Ruhens der Zulassung nicht innerhalb von zwei Jahren eintritt.

Bis zum 20.07.2023 hat der Zulassungsausschuss alle zugelassenen Vertragsärzte, Vertragspsychothera­peuten, MVZ, BAG und ermächtigte Ärzte erstmals aufzufordern, das Bestehen eines ausreichenden Berufshaftpflichtversicherungsschutzes innerhalb einer Frist von drei Monaten nachzuweisen.

22.01.2021 – Disziplinarmaßnahme gegen ärztliche Leiter eines MVZ möglich

Das Sozialgericht (SG) München hat mit Gerichtsbescheid vom 22.01.2021 (AZ.: S 38 KA 165/19) eine Disziplinarmaßnahme der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) gegen die ärztliche Leitung eines MVZ für recht erkannt und dem ärztlichen Leiter damit eine besondere Pflichtenstellung für den ordnungsgemäßen Ablauf der vertragsärztlichen Versorgung im MVZ sowie eine Gesamtverantwortung gegenüber der KV zuerkannt.

Nach Ansicht des Gerichtes werden die Kernaufgaben des MVZ hinsichtlich der korrekten Organisation der Behandlung und Leistungsabrechnung durch den ärztlichen Leiter wahrgenommen. Dieser muss die Sammelerklärung unterzeichnen und auf die ordnungsgemäße Abrechnung der erbrachten Leistungen durch das MVZ achten.

In dem konkreten Fall hatte die KVB eine Disziplinarmaßnahme in Form einer Geldbuße in Höhe von 8.000,00 Euro zuzüglich einer Gebühr von 900,00 Euro nach § 81 Abs. 5 SGB V i. V. m. der Satzung der KVB ausgesprochen, da gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Abrechnung verstoßen wurde. So wurde zum einen die zulassungsrechtlich genehmigte Kooperationsform einer Praxisgemeinschaft von zwei MVZ rechtsmissbräuchlich genutzt, indem die Zusammenarbeit aufgrund der großen Anzahl gemeinsamer Patienten eher der einer Gemeinschaftspraxis entsprach. Es wurden Fälle in das jeweils andere MVZ für nicht nachvollziehbare medizinische Behandlungen überwiesen, sodass letztlich eine rechtsmissbräuchliche Doppelbehandlung vorlag.

Zum anderen liegt der Verstoß gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung darin begründet, dass bei der Abrechnung der GOP 30760 EBM die erforderlichen Dokumentationen als Voraussetzung für die Abrechnung nicht vorlagen.

Das Sozialgericht München sah im vorliegenden Fall eine eigene Pflichtverletzung des ärztlichen Leiters als gegeben an, die mit den Mitteln des Disziplinarrechts sanktioniert werden kann.

Der ärztlicher Leiter trägt letztlich die Gesamtverantwortung gegenüber der KV für die von den angestellten Ärzten des MVZ erbrachten Leistungen, heißt es in dem Urteil.

SG München - Urteil vom 21.01.2021 - S 38 KA 165/19

30.09.2020 – Unzulässige Verordnung von Arzneimitteln während eines stationären Aufenthaltes

Das Sozialgericht Gotha hat unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung des BSG wiederholt ent­schieden, dass die unzulässige Verordnung während eines stationären Aufenthaltes einen „sonstigen Scha­den“ im Sinne der bundesmantelvertraglichen Vorschriften begründet. Der Schaden sei zu regressieren, wenn schuldhaftes Verhalten des verordnenden Arztes vorliegt. Dies sei bereits bei fahrlässigem Handeln gegeben. Die Unkenntnis einer stationären Behandlung schließe die schuldhafte Verletzung vertragsärztli­cher Pflichten nicht aus. Jeden niedergelassenen Arzt treffe die Pflicht, durch geeignete Vorkehrungen bzw. Maßnahmen in der Praxis sicherzustellen, dass Arzneimittel nicht während eines stationären Aufenthaltes der Versicherten verordnet werden.

Diesem Erfordernis wird in der Regel dadurch Rechnung getragen, dass der verordnende Arzt sich persön­lich von dem Krankheitszustand des Patienten zu überzeugen hat. Dieser Sicherheitsmechanismus greife naturgemäß dann nicht, wenn der Arzt bei der Verordnung im Rahmen einer laufenden Behandlung zulässi­gerweise von einer persönlichen Vorstellung des Patienten absehe und die Ausgabe der Verordnung an Drit­te erfolge. Sucht der Patient die Arztpraxis persönlich auf, kann der Vertragsarzt schon nach der Lebenswirk­lichkeit regelmäßig davon ausgehen, dass er nicht zugleich stationär aufgenommen wurde, was jedoch schon bei einem lediglich telefonischen Kontakt mit den Versicherten nicht ohne Weiteres gelte und damit erst recht dann nicht, wenn die Verordnung ohne jeden Kontakt mit dem Versicherten erfolge. Im letzteren Fall sei der Vertragsarzt gehalten, vor Abgabe der Verordnung explizit abzuklären, ob ein stationärer Kran­kenhausaufenthalt der Verordnung entgegenstehe.

SG Gotha, Urteil vom 30.09.2020 - S 7 KA 1212/18 -

Fazit: Insbesondere bei multimorbiden Patienten und Patienten, zu denen längere Zeit kein persönlicher Kontakt bestand, ist es angezeigt, besonders gewissenhaft einen möglichen stationären Aufenthalt abzuklären und die Klärung in der Patientenakte zu dokumentieren.

12.02.2020 - Anzahl der Ärzte in Weiterbildung, bezogen auf die Anzahl der Ausbilder

Das BSG entschied im Februar 2020, dass ein in Einzelpraxis tätiger Vertragszahnarzt nicht mehr als einen Vorbereitungsassistenten beschäftigen dürfe. Aufgrund der entsprechenden Anwendung der Regelungen auf MVZ dürfe sich die Höchstzahl der Vorbereitungsassistenten im MVZ ebenso nach der Zahl der vollzeitigen Versorgungsaufträge, die das MVZ durch seine vollzeitbeschäftigten Ange­stellten erfüllt, nicht überschreiten.

Hintergrund ist, dass der anstellende Vertragsarzt grundsätzlich verpflichtet ist, seine Tätigkeit persönlich auszuüben. Eine beliebige Verwendung von Assistenten/Vertretern sei mit der Ausübung des freien Berufes als Arzt nicht zu vereinbaren. Darüber hinaus gilt die Regelung, dass die Beschäftigung von Assistenten nicht der Vergrößerung bzw. Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfanges dienen dürfe. Bezogen auf MVZ hat das BSG daher entschieden, dass sich die Zahl der Vorbereitungs­assistenten nach der Zahl der dem MVZ zugeordneten Versorgungsaufträge und damit der Zahl der zu besetzenden vollen Stellen zu richten habe. Darüber hinaus urteilte das BSG, dass ein angestellter Arzt ebenso befähigt sei zur Anleitung eines Vorbereitungsassistenten, wie auch ein zugelassener Arzt bzw. der ärztliche Leiter des MVZ.

BSG, Urteil vom 12. Februar 2020 - B 6 KA 1/19 R -

05.06.2020 - Finanzierung der Telematikinfrastruktur

SG Marburg, Gerichtsbescheid vom 05. Juni 2020 – S 12 KA 317/19 –

Das Sozialgericht Marburg hat entschieden, dass kein genereller Anspruch besteht, alle im Zusammenhang mit der Einführung bzw. Veränderung der Telematikinfrastruktur entstehenden Kosten ersetzt zu erhalten.

Geklagt hatte eine Vertragsärztin, der aufgrund von Lieferschwierigkeiten und der Fehelerhaftigkeit der Geräte eine Abrechnung über die Telematikinfrastruktur erst drei Quartale nach Bestellung der nötigen Geräte möglich war. Dadurch erhielt sie eine deutlich geringere Erstattungspauschale, welche die Anschaffungs- und Betriebskosten nicht vollständig abdecken konnten. Darüber hinaus entstanden ihr weitere Kosten in Bezug auf den Internetbetrieb, die von der Pauschale nicht erfasst wurden.

Nach Auffassung des Gerichts stellen die vereinbarten Pauschalen lediglich eine Anschubfinanzierung dar, um die Einführung einer verbesserten Telematikinfrastruktur zu beschleunigen. Sie müssen damit nicht kostendeckend im Sinne einer Vollkostenerstattung sein. Da die Ausstattung einer Praxis mit den notwendigen technischen Komponenten und deren Beschaffung in den Verantwortungsbereich des Vertragsarztes fällt, gehen Lieferverzögerungen allein zu seinen Lasten. Entstehen dem Vertragsarzt darüber hinaus weitere Kosten, etwa im Rahmen der Internet-Ausstattung, stellen diese Aufwendungen allgemeine Praxiskosten dar, für die ein Vertragsarzt grundsätzlich selbst aufzukommen hat. 

19.12.2019 - Inkrafttreten, Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG)

Mit dem Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovationen (digitale Versorgungs­gesetz - DVG) wurden gesetzliche Regelungen geschaffen, um die Integration digitaler Anwendungen im Versorgungsalltag zu integrieren.

Versicherte erhalten u. a. einen Anspruch auf digitale Gesundheitsanwendungen. Um zu gewährleisten, dass diese zweckentsprechend zur Unterstützung der vertrags­ärztlichen oder sonstigen Gesundheitsversorgung angewendet werden, setzt die Erstattungsfähigkeit ent­weder die ärztliche Verordnung oder die Genehmigung der Krankenkasse voraus. Zusätzlich muss eine medizinische Indikation vorliegen, für die die digitale Gesundheitsanwendung bestimmt ist. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird ein amtliches Verzeichnis erstattungsfähiger digitaler Gesund­heitsanwendungen führen sowie über die Aufnahme nach Antrag der Hersteller entscheiden. Für die Aufnahme in das amtliche Verzeichnis sind durch die Hersteller neben der Sicherheit, der Funktionstauglichkeit, der Qualität sowie dem Datenschutz und der Datensicherheit, der Nachweis der positiven Versorgungseffekte zu belegen.

Versicherte haben ab dem 01.01.2021 einen Anspruch auf eine elektronische Patientenakte, in welcher Befunde, Arztbriefe und Dokumente wie der Impf- oder Mutterpass gespeichert werden können. Die Praxen müssen sich mit den erforderlichen Komponenten und Diensten ausstatten, um einen Zugriff auf die elektronische Patientenakte zu gewährleisten. Der erforderlich Nachweis über die Ausstattung ist bis 30.06.2021 gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu erbringen. Andernfalls droht eine Kürzung der vertragsärztlichen Vergütung in Höhe von 1 Prozent so lange, bis der Nachweis gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung erfolgt ist

Eine weitere Verschärfung der Sanktionen beim fehlenden Anschluss an die Telematik-Infrastruktur ist ebenfalls vorgesehen. Nunmehr sieht das Gesetz für Vertragsärzte einen Abzug in Höhe von 2,5 Prozent des Honorars vor, sofern ab dem 01.03.2020 keine Anbindung an die Telematik-Infrastruktur besteht und das Versichertenstammdaten­management (VSDM) nicht durchgeführt wird.

Daneben wurde der Kassenärztlichen Bundesvereinigung aufgegeben, die Anforderungen zur Gewährleistung der IT-Sicherheit in der vertragsärztlichen Versorgung in einer Richtlinie bis zum 30.06.2020 festzulegen. Diese Richtlinie ist für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer verbindlich. Um darüber hinaus die IT-Sicherheit bei den niedergelassenen Vertragsärzten nachhaltig zu stärken, besteht nunmehr die Möglich­keit, dass Dienstleister durch die KBV zertifiziert werden, um die informationstechnischen Systeme gemäß der Richtlinie der KBV umzusetzen. Dies soll gewährleisten, dass die Dienstleister für die Aufgabe geeignet sind und die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die notwendige Zuverlässigkeit mitbringen.

Weiterhin schafft das digitale Versorgungsgesetz entsprechende Voraussetzungen zur Etablierung der elektronischen Verordnung im Bereich der Heil- und Hilfsmittelversorgung.

Durch die neuen gesetzlichen Regelungen wird die Telemedizin weiter gestärkt. So werden Telekonsilien in größerem Umfang ermöglicht und extrabudgetär vergütet. Die bereits bestehenden Möglichkeiten der Inanspruchnahme einer Videosprechstunde werden durch weitere gesetzliche Regelungen vereinfacht.

Ihre Ansprechpartnerin: Ass. jur. Christin Kirschmann, 03643 559 -145

05.06.2019 - Honorarärzte im Krankenhaus sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig

Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass Honorarärzte in Kliniken regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen sind, sondern der Sozialversicherungspflicht unterliegen, da sie im Krankenhaus überwiegend weisungsgebunden beziehungsweise in eine Arbeitsorganisation eingegliedert sind. Damit verbleibt ihnen kein eigener unternehmerischer Entscheidungsspielraum.

BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 11/18 R

15.05.2019 - Konzeptbewerbung eines MVZ bleibt unberücksichtigt

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat entschieden, dass die Bewerbung eines Medizinischen Versorgungszentrums um einen Vertragsarztsitz nur mit einem Versorgungskonzept ohne Benennung eines für dessen Umsetzung geeigneten Arztes (sog. Konzeptbewerbungen) bei der Auswahlentscheidung durch die Zulassungsgremien noch nicht berücksichtigt werden kann. Hierzu bedarf es zunächst konkretisierender Regelungen durch den Norm- bzw. Verordnungsgeber.

BSG, Urteil vom 15.05.2019 - B 6 KA 5/18 R -

01.01.2019 - Änderung der Aufbewahrungsfristen für personenbezogene Daten im DMP

Die Aufbewahrungsfristen für personenbezogene Daten im DMP waren bisher in der DMP-Aufbewahrungsfristen-Richtlinie (DMP-AF-RL) geregelt. Diese war nur bis zum 31. Dezember 2018 in Kraft. Ab dem 1. Januar 2019 regelt nunmehr die DMP-Anforderungen-Richtlinie (DMP-A-RL) die Fristen für die Aufbewahrung personenbezogener Daten. Danach gilt folgendes:

Verantwortliche StelleVerwendungszweckAufbewahrungsfrist
LeistungserbringerDokumentationallgemeine gesetzliche/ berufsrechtliche Regelungen (in der Regel 10 Jahre)
Krankenkassen und die für die Durchführung der Programme beauftragten DritteErfüllung der in § 28f Abs. 1 Nummer 1 RSAV sowie § 137f Abs. 4 SGB V i. V. m. §§ 2 und 6 DMP-A-RL beschriebenen Aufgabenhöchstens für 10 Jahre nach Beendigung der Teilnahme, beginnend  mit  dem  auf das Ende der Teilnahme folgenden Kalenderjahres
beauftragte DatenstellenArchivierung der Dokumentationsdaten12 Jahre, beginnend mit dem auf das jeweilige Erfassungsjahr der Dokumentation folgenden Kalenderjahres
vom Bundesversicherungsamt bestellte unabhängige SachverständigeDurchführung der Evaluation nach § 137f Abs. 4 SGB V i.V.m. § 6 DMP-A-RLhöchstens für 10  Jahre  nach  Beendigung  der Teilnahme,  beginnend  mit  dem  auf  das  Ende  der Teilnahme folgenden Kalenderjahres
Gemeinsamen Einrichtung nach § 28f Abs. 2 S. 1 Nr. 1c RSAV oder KrankenkasseDurchführung ärztlicher Qualitätssicherungsmaßnahmensolange die Aufbewahrung für den Verwendungszweck nach § 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 SGB V erforderlich ist

Soweit  weitergehende  gesetzliche  Bestimmungen  oder  Rechtsverordnungen abweichende Vorgaben zur Aufbewahrung regeln oder die Möglichkeit einer Verlängerung der Aufbewahrungsfrist vorsehen, sind diese vorrangig zu beachten.

29.06.2018 - jameda.de III

Mit Urteil vom 20.02.2018 hat der 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes seine bisherige Rechtsprechung zu dem Arztbewertungsportal jameda bestätigt und in Teilen ergänzt. Erstmals wurde das Unternehmen dazu verpflichtet das Profil einer Ärztin vollständig zu löschen.

Hintergrund der Entscheidung war die Klage einer Dermatologin, für die ohne ihre Einwilligung ein sogenanntes Basisprofil auf der Homepage von jameda geführt wurde. Danach standen den Benutzern des Portals die Basisdaten der Ärztin - wie Name, Anschrift, Fachrichtung – zur Verfügung. Darüber hinaus waren Bewertungen über die Ärztin abrufbar, die Nutzer in Noten- oder Textform, abgegeben hatten.

Bei Aufruf des Profils der Ärztin wurden jedoch gleichzeitig Profile anderer Ärzte der Fachrichtung eingeblendet, welche sich in räumlicher Nähe zu der Praxis befinden. Diese Ärzte hatten ein kostenpflichtiges „Premium-Paket“ gebucht. Ärzte mit einem Basisprofil wurden bei Aufruf des Profil eines Premium Kunden hingegen nicht eingeblendet. Für diese Serviceleistung warb jameda mit der Aussage, dass die kostenpflichtigen und individuell ausgestalteten Premium Profile durch die Nutzer der Plattform häufiger aufgerufen werden im Vergleich zu den Basisprofilen. Darüber hinaus steigere ein kostenpflichtiger Eintrag die Auffindbarkeit des „Premium Profils“ über Google.

Der 6. Senat hielt in seiner Entscheidung an seinen bisherigen Grundsätzen fest. Danach ist ein Bewertungsportal, wie es jameda bereit stellt, im Ausgangspunkt mit der Rechtsordnung vereinbar. Ein Anspruch des Arztes auf Löschung einzelner Nutzereinträge besteht dem Grund nach nicht. Im vorliegenden Fall hat das Gericht jedoch festgestellt, dass jameda seine Stellung als „neutraler Informationsmittler“ verlässt, soweit Premium-Kunden durch die Art der Werbung verdeckte Vorteile gegenüber anderen Ärzten verschafft werden. In diesen Fällen besteht ein Anspruch auf Löschung der von jameda gespeicherten Daten.

Nach der Urteilsverkündung hatte jameda seine Geschäftspraxis umgehend geändert und den Aufbau des Portals entsprechend angepasst.

BGH, Urteil vom 20.02.2018 – VI ZR 30/17